Stefan Raab » Interviews » Raab über Kirche

Quelle: Stern

Was sind Sie: ein moderierender Metzger oder ein Moderator, der zufällig auch was Vernünftiges gelernt hat?
"Das kommt immer auf den Betrachter an. Ich habe tatsächlich ein Problem damit, wenn mich jemand fragt: 'Was machst du von Beruf?' Ich schäme mich, die Bezeichnung 'Moderator' in den Mund zu nehmen. Das ist irgendwie kein richtiger Beruf."

Vom Metzger zum Millionär. Wie passiert so was?
"Es gibt ja viele Leute, die hart an Fernsehkarrieren arbeiten. Das war bei mir wirklich Zufall. Als ich bei 'Viva' anfing, habe ich nicht mit so viel Erfolg gerechnet."

Jetzt haben Sie ihn aber und dazu den Ruf, ein unverschämter Lümmel zu sein.
"Das ist ein Image, das mir aufgedrückt wird. Eigentlich gebe ich mir Mühe, gewisse Grenzen nicht zu verletzen."

Sie haben das Lied für Guildo Horn geschrieben. Sind Sie nach der Grand-Prix-Ausscheidung auf der Straße beschimpft worden?
"Überhaupt nicht. Alle sind sehr freundlich zu mir. Die Deutschen verstehen mehr Spaß, als man denkt."

Obwohl Sie den Grand-Prix als Zombie-Theater entlarvt haben.
"Seien wir ehrlich: Bis zu Guildos Auftritt war diese Veranstaltung doch tot. Jetzt lebt sie wieder. Das ist doch toll. Und richtig spannend wird es im nächsten Jahr. Da werden viele Künstler auftreten, die sich bisher nicht getraut haben."

Sie waren auf einem Jesuiten-Internat. Ist Onanieren da verboten?
"Sagen wir mal so: Ich vermute mal, daß es geduldet wird. Ich persönlich habe mich natürlich nie solcher Sachen befleißigt. Mensch, heiße Themen sprechen Sie hier an."

Ähnliche Fragen müssen sich Ihre Gäste gefallen lassen.
"Ja? Über's Onanieren?"

Franzi van Almsick fühlte sich verletzt, als sie fragten, ob sie heute schon ins Becken gepinkelt habe.
"Ich fand' die Frage berechtigt. Viele Menschen kennen das, daß man, wenn man ins Schwimmbad geht, einen erhöhten Blasendruck hat. Ist bei mir ja auch so."

Sind Ihre Fans enttäuscht, wenn sie rausfinden, daß der private Raab kein Arschloch ist?
"Das kommt vor. Wenn ich über die Straße gehe, heißt es: 'Ey, Stefan, mach mal 'nen Spruch.' Die sind enttäuscht, wenn ich freundlich bin. Ich sage: 'Was kann ich für dich tun?' Und zurück kommt: 'Hey, Mann, du sollst mich verarschen!'"

Haben Sie sich die Flegelrolle selbst ausgesucht?
"Die ist mir zugefallen. Als ich zum Casting bei 'Viva' gegangen bin, hatte ich gar keinen Bock, Moderator zu werden. Ich sollte Texte ablesen, und nach drei Zeilen habe ich gesagt: 'Was ist denn das für ein Blödsinn?' Nach vier Tagen bekam ich einen Anruf: 'Das war ganz geil. Überleg dir bis nächste Woche ein Showkonzept.'"

Bei 'Viva' gehören Sie zu den Alten. Was raten Sie jüngeren TV-Kollegen?
"Junge Leute kommen im Fernsehgeschäft sehr schnell zu sehr viel Ruhm. Und das fällt meist genau in die Zeit, in der sie normalerweise eine solide Ausbildung hätten machen können. Mein Rat: Lern' was Anständiges und such' dir rechtzeitig eine Alternative zum TV-Geschäft."

Ihre Alternative ist die Musik. Kommen Sie sich nicht manchmal blöd vor, als erwachsener Mensch durchs Bild zu hopsen und 'Hier kommt die Maus' zu singen?
"Die Maus hat was mit meinen persönlichen Erinnerungen zu tun."

Sie arbeiten die Ikonen Ihrer Kindheit ab. Und mit 40 werden Sie dann 'Flipper' wiederbeleben?
"So weit denke ich gar nicht. Sie zerbrechen sich gerade meinen Kopf. Der einzige Sinn, den ich in dem sehe, was ich da mache, ist: erstens selber Spaß zu haben und zweitens die Leute zu unterhalten. Ich finde es wichtig, daß man sich ständig verändert. Diese Nostalgie-Rubrik ist jetzt abgeschlossen."

Sind Sie noch zu haben?
"Für was?"

Liebe. Sex.
"Ach so. Nein. Ich bin fest liiert. Das läuft jetzt seit fast einem Jahr. Sie ist 22."

Kannte sie Sie aus dem Fernsehen?
"Ja. Bei den Frauen, die für mich altersmäßig in Frage kommen, wird mich wahrscheinlich fast jede kennen."

Zwingt Ihre junge Zielgruppe Sie dazu, unter Ihrem eigenen Niveau zu bleiben?
"Klar, daß viele Kritiker sagen: 'Das ist so flach, das hat Kindergartenniveau.' Ich halte es für professionell, daß ich meine Zielgruppe entsprechend bediene. Ich kann bei meinem Publikum keine Scherze über das 'Literarische Quartett' machen, weil die glauben, es handele sich um ein Kartenspiel. Ich traue mir schon zu, eine größere Zielgruppe zu unterhalten."

Vor einem Jahr wurden Sie vom Rapper Moses P. niedergeschlagen, weil Sie in Ihrer Sendung Scherze über ihn gemacht hatten. Was haben Sie aus dem Vorfall gelernt?
"Wenn ich mich von 'schlagkräftigen Argumenten' beeinflussen lassen würde, wäre das der größte Fehler, den ich machen könnte. Entweder kann einer mit Scherzen über sich umgehen, oder er kann es nicht. Wenn ich verarscht werde, freue ich mich. Ich fühle mich geehrt."

Sie haben mal gesagt, Ihre Fernsehkarriere sei eine Jugendsünde. Inwiefern?
"Mein Jugendbegriff ist ein bißchen weiter gefaßt als bei vielen anderen. Ich will damit nur sagen, daß ich nicht im Fernsehen alt werden will."

Wollen Sie denn im Fernsehen erwachsen werden?
"Das kann ich mir durchaus vorstellen."


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