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Quelle: ZDF online

Mit seiner quotenstarke Satire-Show "TV Total" hat der ehemalige Viva-Moderator Stefan Raab innerhalb kürzester Zeit einen Kultstatus unter den Fernseh-Zuschauern erreicht. Mit seiner Ukulele bringt Raab Prominenten böse Ständchen - und zeigte in der "Wetten dass..?"-Sendung, dass er dabei nicht mal vor den Klitschko-Brüdern zurückschreckt. ZDF.online traf den gelernten Metzger und Musikproduzenten vor seinem Auftritt zum Interview.

Stefan Raab, Du hast Deine Ukulele immer dabei?
"Ja, klar - die ist ja mein Maschinengewehr."

In Deiner Sendung "TV Total" nimmst Du gnadenlos deutsche Fernsehsendungen aufs Korn. Ist Dir denn wenigstens "Wetten dass..?" noch heilig?
"Naja, es ist schon eine Ehre, bei "Wetten dass..?" eingeladen zu sein. Und ich bin ja hier direkt von der Ersatzbank für Lothar Matthäus eingesprungen, das wünscht sich so mancher Nationalspieler. Aber einem alten Kameraden wie Thomas Gottschalk hilft man ja gerne aus der Patsche."

Du triffst ja hier bei "Wetten dass..?" noch ganz andere alte Kameraden...
"Ja, Dieter Bohlen ist ja hier. Und Naddel! Die habe ich kennengelernt, als ich mal mit Dieter Bohlen zusammen ausgeritten bin. Da hat Naddel die Pferde klargemacht. Heute nach der Sendung gehen wir vielleicht noch einen trinken, mal sehen. Hier ist ja alles umsonst, oder?! Deswegen bin ich ja auch hier, da brauche ich zu Hause nicht kochen."

Früher waren die Promis noch beleidigt, wenn Du sie aufs Korn genommen hast. Jetzt können sie sich das gar nicht mehr erlauben, weil sie dann als humorlos gelten würden...
"Ja, die bieten sich zum Teil schon an und fragen, ob wir sie nicht mal beleidigen könnten in "TV Total"... Nein, aber mein Ziel ist ja nicht, die Leute zu beleidigen und in tiefe Psychosen zu stoßen, sondern ich will den Zuschauern ja Spaß bereiten. Bei mir ist Hass nie ein Motiv. Ich würde mich nie über Leute lustig machen, die ich nicht leiden kann. Diese Leute haben die große Gnade, dass sie ihr Grundrecht auf Verarschung, das jeder Mensch hat, verwirkt haben. Es ist eine große Schande, wenn man nicht verarscht wird, denn dann macht das Leben keinen Spaß."

Und deshalb hebt der Pro-7-Moderator Andreas Türck, dem Du in "TV Total" mittels Zeitlupe und Großaufnahme Achselnässe nachgewiesen hast, schon freiwillig die Arme, wenn er Dich sieht?
"Ja, das ist komischerweise so. Die Geschichte wäre wahrscheinlich schon längst vergessen, wenn er nicht bei jedem Anlass die Arme hochreißen würde."

Seit kurzem läuft parallel zu "TV Total" Hape Kerkelings SAT-1-Show "Darüber lacht die Welt" - eine Konkurrenz?
"Nein, die machen ja etwas ganz anderes. Die nehmen einfach Dinge, die im Fernsehen schief gelaufen sind und zeigen das - das hat "Pleiten, Pech und Pannen" schon vorher gemacht. Die meisten Ausschnitte, mit denen wir arbeiten, würden nie in einer solchen Sendung vorkommen. Wir haben einen anderen Ansatz, wir suchen uns etwas heraus und machen eine Geschichte daraus. Wir sind nicht darauf angewiesen, dass jemand Fehler macht, wir kaufen uns nichts zusammen, sondern stecken redaktionelle Arbeit rein. Außerdem ist der Hauptanteil bei "TV Total" eigenproduziertes Material, zum Beispiel das "Raabigramm", "Raab in Gefahr" und so weiter. Die einzige Gemeinsamkeit von uns und Hape Kerkeling ist, dass wir beide den Anspruch haben, lustig zu sein."

Kannst Du eigentlich noch ganz entspannt und ohne nach Peinlichkeiten zu suchen fernsehen?
"Ja, das mache ich auch oft. Unsere Sendung entsteht ja mehr spielerisch. Wir müssen auch nicht um Material kämpfen, es passiert einfach so viel. Viele haben schon nach der zweiten Sendung gesagt: "Wo wollen die das Material für 15 Sendungen herkriegen?", aber das ist überhaupt kein Problem. Man muss sich das Material schaffen. So eine Geschichte wie die Dieter-Bürgi-Initiative - es gab einfach nur diesen Calgon-Waschmaschinen-Spot, in dem die drei Calgon-Männer vom Lochfraß erzählt haben. Die haben wir eingeladen, und Dieter Bürgi ist nicht gekommen, weil er 20.000 Mark Honorar haben wollte. Daraufhin haben wir über drei Sendungen eine Kampagne gestartet mit Videos, Liedern und einem Spendenaufruf. Das hat dann dazu geführt, dass Dieter Bürgi doch noch gekommen ist - so etwas würde man in einer anderen Sendung nicht sehen."

Was ist denn mit den "Spendengeldern" passiert?
"Wir haben den Betrag noch mal verdoppelt und ein Teil davon ging an "Helfer ohne Grenzen", ein Teil an eine Kosovo-Schule. Die meisten Spenden der Zuschauer kamen ja in Pfennigen - ich glaube, der größte Betrag war 2 Mark."

Für "TV Total" hast Du kürzlich den Deutschen Fernsehpreis bekommen - und auch diese Verleihung hast Du in Deiner Sendung aufs Korn genommen. Glaubst Du, Du bekommst noch mal einen?
"Naja, wenn wir weiterhin eine gute Sendung machen. Aber wir machen das ja nicht, um Preise zu bekommen. Aber dieser Preis war auch für uns überraschend - nach so kurzer Zeit, die wir auf Sendung sind. Wir freuen uns sehr, aber ich sage auch mal ganz unbescheiden, dass es auch nicht unverdient war. Denn "TV Total" ist seit langer Zeit mal wieder ein Format, das es in dieser Form noch nicht gegeben hat. Und nur weil wir uns hinterher darüber lustig gemacht haben, werden wir sicher nicht in Zukunft von den Fernsehpreisen ausgeschlossen werden."

Dein Traum ist es, irgendwann einmal um die Welt zu segeln. Würdest Du es überhaupt so lange ohne Fernseher aushalten?
"Naja, mittlerweile sind Schiffe ja so modern ausgebaut, dass man Satellitenfernsehen haben kann und auch ein kleines Studio an Bord. Wann ich überhaupt mal dazu komme, weiss ich noch nicht. Aber auf jeden Fall plane ich nicht, beim Fernsehen alt zu werden - das sage ich jetzt mal so. Vielleicht ändert sich das auch noch. Aber ich persönlich glaube nicht, dass ich in zehn Jahren immer noch Fernsehen mache..."

...sondern?
"Ich werde mich als Produzent betätigen, ich habe ein eigenes Plattenlable, ich habe zwei Tonstudios und ich bin ja auch Produzent meiner eigenen Sendung. Mein Ziel ist jedenfalls, innerhalb der nächsten zehn Jahre drei bis vier Jahre auszusteigen und um die Welt zu segeln. Aber ich muss auch erst mal sehen, ich habe ja auch Verpflichtungen, auch private, vielleicht hat ja meine Freundin auch gar keinen Bock darauf. Dieses Jahr war ich immerhin sechs Wochen segeln in der Ägäis - und da hätte ich locker noch vier Jahre bleiben können. "

Willst du Kinder haben?
"Ja, 'ne ganze Menge. Also so viele, dass man eine gute Band draus machen kann - die "Raab Five". "

Drei Vorurteile über Stefan Raab - Du musst sagen, ob sie wahr oder falsch sind: 1. Du besitzt nur fünf Hemden, und die sind alle hellblau.
"Es ist richtig, dass ich mindestens fünf, wenn nicht sogar zehn hellblaue Hemden besitze. Aber ich besitze auch noch andere Klamotten, nur die trage ich nicht. Ich habe zu Hause noch eine Kiste mit alten Klamotten, die wollte ich schon immer mal zur Caritas tragen."

2. Du bist ein sehr gläubiger Mensch.
"Das habe ich auch ein paar Mal in der Zeitung gelesen, aber das ist ein verzerrtes Bild. Das liegt daran, dass ich oft zu Hause in der Küche Interviews gebe und da hängt aus alten Zeiten noch ein Madonna-Bildchen an der Wand. Ich bin katholisch und ich glaube an Gott, ich bin jesuitisch erzogen worden auf dem Internat. Ich glaube schon, dass da jemand ist, der so ein bisschen auf die Welt guckt, ob alles okay ist, der aber auch Riesen-Spaß versteht. Ich meine - Jesus! Das war doch so ein junger Typ, der mit zwölf Freunden durch die Lande zieht - da kannste mir doch nicht erzählen, dass die nicht auch mal die Mädels klar gemacht haben. Das steht natürlich nicht in der Bibel, das würde ich ja auch nicht erzählen. Ich gehe ein oder zwei Mal im Jahr in die Kirche, an hohen Feiertagen. Ansonsten bin ich natürlich Pro-7-gläubig!"

Vorurteil Nummer 3: Du hast kaum Freunde, weil Du auch im Privatleben gern gemein bist.
"Das stimmt nicht. Ich bin im Privatleben gar nicht böse. Ich bin höchstens ein bisschen cheeky. Ich weiss nicht, ob es im Deutschen auch ein Wort gibt dafür. Man weiss halt nicht, was man mir glauben soll und was nicht - und das ist auch gut so. Die Hälfte von dem, was ich erzähle, ist sowieso unwahr - aber ich sage nicht, welche Hälfte. Also, das kannst Du Dir jetzt aussuchen!"


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